Unterstützung durch Architektur-Prof. Hennner Herrrmanns 8.2.2015

In seinem Blog schreibt Professor Dipl.-Ing. Henner Herrmanns - Dozent für Architektur an der Hochschule Koblenz - folgendes über das geplante "Haus am Dom":

Haus am Dom

Wormser Dom
Worms: Dom und Nikolauskapelle

Wut und Verzweiflung machen sich breit unter den Bürgern von Worms; denn die kath. Gemeinden St. Martin und St. Peter, die den denkmalgeschützten Wormser Dom als Pfarrkirche nutzen, beabsichtigen in unmittelbarer Nähe des Kaiserdoms einen Neubau zu errichten, ein „Haus am Dom“, das als neues Gemeindezentrum dienen soll mit großem Saal, Funktions- und Gruppenräumen, Café und Laden.

Diese Absicht wäre nicht zu beanstanden, würde der gewählte Standort des Neubaus nicht in unmittelbarer Nähe des Doms liegen und damit teilweise den Blick auf den Dom und die Nikolauskapelle verdecken. Das neue Gebäude soll 19 m hoch werden, also die Höhe eines 6-geschossigen Hauses einnehmen und nur im Abstand von 6 m von der Domkirche errichtet werden. Hier drängt sich die Frage auf, ob dadurch nicht erheblich in das ästhetische Erscheinungsbild des zu schützenden Denkmals eingegriffen wird.

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“Kein Haus am Dom” (Fotomontage)

Dies sehen 17.000 (!) Wormser Bürger so, die per Unterschrift gegen den Standort und die Pläne von Domgemeinde und Bistum votiert haben. Das bedeutet, dass quasi jeder 5. Wormser Bürger sich gegen das „Haus am Dom“ ausgesprochen hat. Der „Bürgerverein Dom-Umfeld“ kämpft seit zwei Jahren vehement und bisher vergeblich mit Eingaben, Zeitungsberichten, Protestschreiben, Demonstrationen und Mahnwachen gegen das Bauvorhaben und hat auch bereits alternative Standorte in der Nähe vorgeschlagen

Bistum und Pfarrgemeinde, die den Bau offenbar um jeden Preis durchziehen wollen, argumentieren mit dem Denkmalschutz, dass die leere Fläche, die der Abriss des Kapitelhauses im 19. Jh. an dieser Stelle hinterlassen hat, durch den Neubau quasi wieder gefüllt wird. Der Denkmalschutz selbst sieht keinen Handlungsbedarf, da nicht direkt in die bauliche Substanz des Denkmals eingegriffen wird.

Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts entschieden in dieser Auseinandersetzung, ob vor dem Dom überhaupt gebaut werden dürfe, 6 von 5 Professoren in ihren Gutachten, eine Bebauung vor der Nikolauskapelle müsse unterbleiben. (Einer der Gutachter war der berühmte Georg Dehio, die unangefochtene Kapazität auf dem Gebiet der modernen Denkmalpflege und Verfasser des Handbuchs der deutschen Kunstdenkmäler.)

Man kann dazu stehen wie man will, aber die Art und Weise wie hier in Worms Bürgerproteste negiert werden, kann einen schon nachdenklich machen. Ähnliches ist vor nicht allzu langer Zeit in Limburg geschehen. Als Bischof Tebartz-van Elst damit begann, ebenfalls in unmittelbarer Nähe des Limburger Doms seine prunkvolle Bischofsresidenz zu errichten – für die man heute übrigens keine Verwendung mehr hat – hat man ebenfalls alle Einwände und Bedenken in den Wind geschlagen und das Bauvorhaben ohne Rücksicht auf Verluste durchgezogen. Das Ergebnis war ein Super-GAU.
Wenn man bedenkt, dass man sich sogar bei kleinen Dorfgemeinschaftshäusern in der Regel bemüht, möglichst alle Wünsche und Befindlichkeiten der Einwohner zu berücksichtigen mit dem Ziel die Bürger mit ins Boot zu holen und an den Plänen zu beteiligen, muss man die starre Haltung und die fehlende Kompromissbereitschaft der katholischen Obrigkeit in Mainz und Worms als besonderes geringschätzendes und herablassendes Verhalten werten.

Mich erfüllt es immer wieder mit Fassungslosigkeit, wenn ich sehe, wieviele Millionen die Kirche für profane Gebäude auszugeben bereit ist – siehe Limburg und jetzt auch in Worms – während die eigentlichen Gotteshäuser offensichtlich verzichtbar erscheinen.

Der Baubeginn steht kurz bevor. Zurück bleiben verärgerte und zum Kirchenaustritt bereite Christen. Nicht dass man für das neue Gemeindehaus am Ende mangels Kirchenmitgliedern keine Verwendung hat. Limburg lässt grüßen.

https://herrmanns.wordpress.com/2015/02/08/haus-am-dom/